Matomo

Bewertung: 5/5 Sterne

Filmkritik Pearl

Am schönsten ist es daheim!

Nach „X“ serviert Ti West mit „Pearl“ die nächste Horror-Achterbahn in menschliche Abgründe.

Die Handlung

Stillsitzen ist nicht so meine Stärke (Foto: Universal Pictures)

Stillsitzen ist nicht so meine Stärke (Foto: Universal Pictures)

Texas, 1918. Pearl (Mia Goth) hat das Leben auf der Farm ihrer Eltern satt. Während ihr Mann Howard im Ersten Weltkrieg an der Front kämpft und die Spanische Grippe die Weltbevölkerung heimsucht, träumt sie vom ruhmreichen Dasein im Rampenlicht. Ein Star will sie werden, dessen Name in aller Munde sein soll.

Das Kino ist der einzige Zufluchtsort vor ihrer strengen Mutter Ruth (Tandi Wright) und ihrem kranken Vater (Matthew Sunderland). Ruth hält nichts von den Ambitionen und Träumereien ihrer Tochter. In Anbetracht der politischen Situation will sie als deutsche Einwanderin zudem kein Aufsehen erregen. Nur der Filmvorführer (David Corenswet) ermutigt Pearl, ihre Träume zu verfolgen. Als ihre Schwägerin Mitsy (Emma Jenkins-Purro) über einen Tanzwettbewerb berichtet, sieht Pearl dies als Chance, dem öden Farmleben zu entkommen. Sie hält ihre Teilnahme vor ihren Eltern geheim. Als Ruth ihr jedoch auf die Schliche kommt, eskalieren die Ereignisse.

Filmkritik “Pearl”

Rot, rot, rot sind alle meine Kleider ... (Foto: Universal Pictures)

Rot, rot, rot sind alle meine Kleider … (Foto: Universal Pictures)

Erzählerisch ist “Pearl” der Vorgänger zu “X” und schildert die Ursprünge der Antagonistin Pearl. In „X“ ist sie eine vergreiste Frau, die sich nach ihrer Jugend sehnt und munter Leute meuchelt. „Pearl“ spielt 60 Jahre davor und zeigt eine junge Frau, die aufgrund ihres repressiven Umfelds in ihre Träume flüchtet. Daneben offenbaren sich ihre sadistischen Züge, die im Film radikaler werden. Mia Goth weiß gekonnt, das Unschuldige mit kalter Skrupellosigkeit in ihrer Darstellung zu verbinden.

„Pearl“ ist allerdings keine Ein-Frau-Show. Tandi Wright spielt Ruth als verbitterte Frau, die innerlich von Neid und Reue zerfressen ist, gekonnt. Auch wenn Matthew Sunderlands Figur am Rollstuhl gefesselt ist, spricht seine Mimik Bände.

Der Film kann nicht nur als Charakterstudie einer desillusionierten Persönlichkeit gesehen werden. Während “X” eine Hommage an die Slasher- und Erotikfilme der 70er Jahre ist, ähnelt “Pearl” mit seiner Bildästhetik dem klassischen Hollywood-Kino. Ursprünglich hatte der Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Ti West vor, den Film in SchwarzWeiß zu drehen. Aber die Produktionsfirma A24 war von der Idee nicht überzeugt. Gemeinsam mit Mia Goth, die auch am Drehbuch schrieb, entschied man sich für den Gegensatz; ein sattes Farbspektrum, das fast blendet. Aufgrund seiner lebhaften Farbenpracht und dem ländlichen Umfeld erinnert “Pearl” stark an “Der Zauberer von Oz” (1939). Nicht nur visuell gibt es Parallelen zum Filmklassiker; wie Pearl will die Hauptfigur namens Dorothy ihrem monotonen Farmleben entkommen. West subvertiert jedoch die Elemente aus dem zeitlosen Hollywood-Film ins Groteske; hinter all der schönen Fassade lauern menschliche Abgründe.

Noch ein Küsschen und dann tschüss (Foto: Universal Pictures)

Noch ein Küsschen und dann tschüss (Foto: Universal Pictures)

Ästhetisch als auch darstellerisch ist “Pearl” eine Wucht. Die Geschichte ist ab dem Mittelteil leicht voraussehbar, was jedoch der Qualität keinen Abbruch nimmt. Insgesamt hat West mit diesem Film eines der facettenreichsten Werke im Horrorgenre abgeliefert.

Die Versionen

“Pearl” ist ab 18 Jahren freigegeben und hat eine Laufzeit von 103 Minuten. Der deutsche Kinostart ist am 1. Juni 2023.

Das Urteil von Horrormagazin.de

“Pearl” liefert den Zuschauern einen grotesken Blick auf das alte Hollywood-Kino. Fesselnd erzählt der Film von den Abgründen einer fragilen Frau, die emotional zwischen unschuldigem Mädchen und eiskaltem Serienmörder tangiert. Stark gespielt von Mia Goth und herrlich verstörend!

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Bewertung: 5/5 Sterne

Der offizielle Trailer zum Film "Pearl"

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Über Phi Am

Phi Am beschäftigt sich seit ihrer Jugend mit Horrormedien und -geschichten aus aller Welt. Der Nickname stammt aus der thailändischen Geister-Folklore, beschreibt jedoch aus heutiger Sicht das Phänomen einer Schlafparalyse. Ist großer Fan von Werken des Comiczeichners Junji Itō und Nudelsuppen.
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