Spätestens seit der Erfindung des Quija-Brettes sollte jedes halbwegs intelligente Individuum verinnerlicht haben, das gewisse Rituale absolut nicht empfehlenswert sind. Vor allem dann nicht, wenn man den Wunsch hat, die Nacht zu überstehen. Regisseur Travis Nicholas Zariwny machte 2016 ebenfalls kein Geheimnis daraus, dass der „Midnight Man“ mehr als nur ein freundlicher Übernachtungsgast ist. Dennoch schlagen erneut ein paar motivierte Teenager alle Warnzeichen in den Wind, um uns eine blutige Nacht zu bescheren.
Inhaltsverzeichnis
Die Handlung
Rückblick: 1953 – drei Kinder sitzen in einem dunklen Haus, eingeschlossen in einem Kreis aus Salz. Sie spielen ein Spiel und haben Todesangst. Ein Mädchen verlässt den Kreis, ihr Blut fließt aus dem Schatten, in dem sie verschwand. Ein Junge rennt aus dem Haus und zerbirst – sein Blut bedeckt den Schnee. Die Uhr zeigt 03:33. Das Spiel ist aus; Anna überlebt.
Gegenwart: 2016 – Anna (Lin Shaye) ist eine demente alte Frau und lebt nach wie vor in dem Haus, in dem das „Spiel“ damals seinen blutigen Verlauf nahm. Nichtsahnend unterbricht ihre Nichte Alex ihre Schulzeit und kümmert sich um ihre verwirrte Großmutter. Schnell wird klar, dass Anna’s Gemüt mehr Geister plagen, als nur ihre Krankheit. So fordert sie am Abend plötzlich von Alex ihren alten Handspiegel, der auf dem Dachboden verborgen liegt. Alex begibt sich auf die Suche und entdeckt dabei eine dürftig, fast einladend, verschnürte Schachtel. Der alte Freund und leicht verknallte Nachbarsjunge Miles motiviert Alex diese zu öffnen. Dass ihre bettlägerige Großmutter plötzlich schreiend neben ihnen auf dem Dachboden steht, hätte sie warnen können: „Ihr habt das Spiel geöffnet!“.
Zur Behandlung ihres Anfalls trifft Dr. Goodberry (Robert Englund) ein. Doch selbst nach Verabreichung starker Beruhigungsmittel scheint Anna nur oberflächlich entschärft. Alex‘ und Miles‘ Neugier treibt sie zurück zu der Box und sie beginnen zu lesen: „Das Mitternachtsspiel. Um den Schattenmann herbeizurufen, folge diesen Regeln …“. Ohne einen Funken Zweifel und Selbsterhaltungstrieb folgen sie allem, was sie dort lesen, und beschwören so den Midnight Man.
Folglich beginnt das Spiel, in dem man wichtige Vorgaben einhalten muss, um zu überleben. Doch das ist nicht von Anfang an klar. Diese dunkle Präsenz nutzt die Ängste und Alpträume der Spieler für kranke Horrorvisionen und perfide Tricks. Anna ist nicht ganz unschuldig daran und auch Dr. Goodberry ist ebenfalls involvierter, als es bislang schien. Erschreckende Hintergründe der Vergangenheit enthüllen sich zunehmend, während die Regeln zum Überleben vor allem von einem gebrochen werden – dem Schattenmann.
Filmkritik „The Midnight Man“
Wir beginnen natürlich mit dem Positiven: wir haben hier zwei wirklich respektable Schauspieler, die diesen Film sehenswert machen. Zum einen Robert Englund aka Freddy Krueger, der auch jenseits der „Elm Street“ noch immer anständig abliefert. Zum anderen Lin Shaye, bekannt als das Medium in James Wans „Insidious“, und niemals zu schüchtern für gepfefferte Produktionen wie „Big Ass Spider!“, „Snakes on a Plane“ oder „Hood of Horror“. Und auch in diesem “Man-Movie“ verteidigen Beide überzeugend ihr Genre-Revier. Leider trifft das nicht auf den Rest der Besetzung zu, daher verzichten wir hier mal auf namentliche Details. Todesangst wurde selten so hölzern abgeliefert. Die üppigen Spezialeffekte lenken ein wenig ab, doch bei Weitem nicht ausreichend.
Hinzu kommt, dass der geneigte Betrachter häufig den Drang verspüren könnte, den unbeholfenen Protagonisten etwas mehr Geistesgegenwart zu wünschen. Die Kerzen erlöschen leichtfertig, was dem Midnight Man das Recht zum Morden einräumt. Durch fehlplatzierte Dialoge und Handlungen werden tödliche Situationen provoziert. Einen gewissen Hang zur Logik sollte man folglich schon an der Türschwelle ablegen, um diesem tollpatschigen Horrorspektakel eine Chance zu geben.
Nach Candyman, Boogeyman, Slenderman, Bye Bye Man, Shadow Man und Empty Man ist der gute Midnight Man ein zugegeben recht kommunikativer, jedoch ebenso kompromissloser Zeitgenosse. Die Freude zum seichten Smalltalk mit morbiden, jedoch nicht originellem Stimmenverzerrer, erstickt ein wenig die Mystik eines Dämons. Zusätzlich nimmt sich dieser finstere Schadenfreund eindeutig zu viele Freiheiten, um seinen strikten Regelkatalog einzufordern, und dabei selbst konsequent zu manipulieren. Die Opfer-Täter-Anforderung findet schlichtweg keine Balance.
Folglich ist der rote Faden hier etwas schwer zu erkennen. Er ist schon erkennbar, nur eben nicht sehr geradlinig und nachvollziehbar, daher wirkt die Geschichte etwas holprig. Dennoch entsteht eine angenehm dunkle, fast kammerspielartige Stimmung. Die mitunter sehr überraschend brutalen und blutfreudigen Momente lassen dabei doch einiges verzeihen.
Die Versionen
Midnight Man verschwindet bereits um 03:33 Uhr und benötigt daher nicht viel Zeit um sich ordentlich auszutoben. Dennoch ist Annas Psychose halbwegs nachvollziehbar, ebenso wie die Einstufung ab 16 Jahren. Es fließt viel Blut: Explosion, Blutbad, Verstümmelung, klassischer Kieferriss, Kindestötung, Erhängung, Totschlag. Angesichts dieser Fulminanz des Ablebens könnte der ein oder andere unter achtzehn Jahren vielleicht doch zwei Augen zudrücken bis zum Führerschein.
Das Urteil von Horrormagazin.de
„The Midnight Man“ stellt hohe Ansprüche an sein Team und verliert alle Ansprüche, um es wiederum zu minimieren. Unfair, aber auf jeden Fall unterhaltsam. Schaltet man die Logik auf Standby haben wir hier eine gute Zeit mit Robert und Lin, Spannung und ordentlich Blutvergießen. Mit Sicherheit ist er nicht der stärkste Vertreter unter den „Man-Movies“, aber dennoch durchaus sehenswert.
Der offizielle Trailer zum Film "The Midnight Man"
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