Es wirft natürlich immer Fragen auf, wenn findige Fernsehfreunde einen Kinofilm (oder auch vier) in eine Serie verpacken wollen. Werden die Psycho-Duelle auch auf der Mattscheibe funktionieren? Ist es genau so spannend wie in einem Zwei-Stunden-Film? Die Antwortet lautet: Zum Teil.
Inhaltsverzeichnis
Die Handlung
Will Graham ist der wahrscheinlich beste Profiler, der für das FBI je gearbeitet hat. Er kann sich wie kein anderer in die Täter hineinversetzen. Allerdings ist er psychisch enorm labil. Depressionen, Selbstzweifel, Alpträume. Trotzdem gebraucht FBI-Direktor Jack Crawford (massig: Laurence Fishburne) ihn immer wieder, um Serienmorde aufzuklären.
Graham und Crawford suchen weitere Hilfe beim renommierten Psychotherapeuten Hannibal Lecter. Der war früher mal Chirurg und ist ein ausgesprochener Scharfgeist. Und ein echter Feinschmecker und Hobbykoch.
Gemeinsam machen sie sich auf die Jagd nach dem so genannten Chesapeake Ripper. Der Serienmörder entnimmt seinen Opfern bestimmte Organe. Das FBI vermutet, dass er sie als Trophäe behält. Was den Ermittlern nicht auffällt: Derartige Organe landen immer kurz nach den Morden auf der Speisekarte von Hannibal Lecter. Zufall?
Serienkritik „Hannibal – die Serie, Staffel 1“
Die beste Pointe an der Sache ist, dass natürlich Hannibal der Serienkiller ist. Das ist auch kein Spoiler, denn spätestens nach der zweiten Folge ist es klar. Dieses recht amüsante Thema – der Täter hilft dem FBI bei der Suche nach dem Täter – zieht sich durch die gesamte Staffel. Hinzu kommen Nebenschauplätze in Form von weiteren Serienmordfällen, die die Schlauschlümpfe vom FBI aber meist in derselben Folge noch lösen. Hier fragen wir uns manchmal, A) wie viele mordende Knallis in den USA denn so herumlaufen. Und B) warum der ach so schlaue Graham immer ratzfatz die Täter festmacht, beim Hauptfall aber regelmäßig versagt und sich vom Täter auf der Nase herumtanzen lässt.
Für Psychologiestudenten ist „Hannibal“ sicher eine feine Sache. Jede Menge kaputter Typen, schier endlose, tiefschürfende Dialoge mit philosophischen Weisheiten. Laien dürfte das allerdings schnell ermüden. Zum Beispiel wenn Graham zum X-ten Mal durch seine Alpträume wandelt. Die kleineren Fälle lösen sich dagegen mitunter unverschämt beiläufig und unspannend in heiße Luft auf.
Ihre stärksten Momente hat die Serie, wenn Graham die Morde an Stelle des Täters im Geist nachspielt. Das ist visuell beeindruckend, sorgfältig gefilmt – und für eine Fernsehserie sehr zeigefreudig. Ebenfalls sehenswert ist Schauspieler Mads Mikkelsen als Lecter. Er spielt ihn mit der gesunden Arroganz des Überlegenen, bewegungsarm, manchmal etwas steif in der Hüfte, dafür aber mit unvergleichlich rätselhaftem Gesichtsausdruck. Und er trägt tolle Anzüge.
Ihm gegenüber kann der überforderte Hugh Dancy in der Rolle des stets grummeligen Graham nur verlieren. Mein Gott, der Typ ist wirklich pausenlos scheiße drauf. Als er sich in einer Szene mit einem anderen Psychowrack unterhält, ertappte ich mich dabei, wie ich loslachte.
„Hannibal – die Serie“ ist technisch gut gemacht und angemessen deftig. Sie ist aber psychologisch überfrachtet und leidet unter einer unsympathischen Hauptperson und an Spannungsarmut.
Die Versionen
Die FSK hat einige Folgen zu Recht ab 18 Jahren freigegeben, die anderen bekamen eine „FSK 16“. Die komplette Staffel erscheint uncut.
Das Urteil von Horrormagazin.de
Mahlzeit. Psychologisch anspruchsvolle Krimikost. Leider zu langsam.